Thienemann im Frühjahr

Allmählich sollten wir uns ein wenig sputen, denn die ersten neuen Bücher sind schon da – einfach so, ohne dass wir sie ankündigen konnten. So geht’s nicht!

Deshalb hier nun die neuen Bücher aus dem Thienemann Verlag, die teilweise schon im Laden stehen und auf die ihr euch freuen dürft:

Die Pinguine Roy und Silo leben im Zoo von New York und geben ihren Pflegern einiges Kopfzerbrechen auf, denn die beiden Jungs interessieren sich einfach nicht für Pinguinmädchen, sondern stecken immer nur zu zweit zusammen. Als sie getrennt werden, ist die Trauer groß.
Da man das nicht mit ansehen kann, kommen sie wieder zusammen in ein Gehege und die Wiedersehensfreude ist groß. Die beiden Jungs bauen zusammen ein Nest und beginnen – sehr zur Verwunderung der Pfleger – mangels Ei einen Stein auszubrüten. Auch das kann man nicht mit ansehen. Deshalb schieben die Pfleger ihnen ein echtes Pinguin-Ei unter.
Heraus schlüpft Tango – und die Familie ist komplett. Keine Familie wie jede andere, aber eine glückliche.
Diese Geschichte hat sich im New Yorker Zoo übrigens tatsächlich so zugetragen…
Herzallerliebst von Carola Holland illustriert!

Edith Schreiber-Wicke / Carola Holland
Zwei Papas für Tango
32 Seiten
€ 10,90
ab 4
Erscheinungstermin: Februar 2006

Jim Knopf liebt Geschichten. Besonders, wenn sein großer Freund Lukas der Lokomotivführer ihm erzählt, wie er als Baby in einem Paket nach Lummerland gekommen ist. Denn das hat die Bewohner der kleinen Insel ganz schön in Aufregung versetzt.
Ein neue Bilderbuchgeschichte mit Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer.

Michael Ende
Illustriert von Michael Weber nach den Originalen von F.J. Tripp
Wie Jim Knopf nach Lummerland kam
32 Seiten
€ 11,90
ab 3
Erscheinungstermin: bereits erschienen

Marthas kleiner Bruder Bo ist eine echte Nervensäge: Immer will er Recht haben und immer behauptet er Sachen, die gar nicht stimmen können. Zum Beispiel, dass er den Himmel für drei Zitronenbonbons und zwei Himbeerlutscher gekauft hat. Und was das Schlimmste ist: Marthas Eltern lassen Bo all das auch noch durchgehen! Nie bekommt er Ärger, sondern immer seinen Willen.
Doch dann erfährt Martha die Wahrheit und sie begreift: Die Hälfte des Himmels gehört tatsächlich Bo – und das ist ein schöner Gedanke.

Ein tief trauriges aber auch zugleich ein unbeschwertes Buch über den Tod und das Leben – für alle Kinder und Erwachsenen, die mit dem Verlust eines geliebten Menschen klarkommen müssen.

Dagmar H. Müller
Die Hälfte des Himmels gehört Bo
224 Seiten
€ 12,90
ab 10, zum Vorlesen aber auch ab 6 geeignet
Erscheinungstermin: bereits erscheinen


Das gibt’s doch nicht! Herr Hempel, der Sportlehrer von Ricki und Blümchen, hat angeblich die Masern und läuft trotzdem putzmunter in der Gegend herum. Amanda und die Detektive sehen, wie er auf ein Gebäude zusteuert. »Partnervermittlung Topf und Deckel« steht am Eingang. Herr Hempel in einem Heiratsinstitut?
Für Amanda und die Detektive steht fest: Bei diesem Fall müssen sie zu außergewöhnlichen Mitteln greifen…

Joachim Friedrich
Herzilein und der knutschende Lehrer
208 Seiten
€ 9,90
ab 10
Erscheinungstermin: März 2006

»Hinter der Hecke auf der anderen Straßenseite sehe ich es weiß aufblitzen. Und dann sehe ich die roten Haare. Schon wieder dieses Mädchen im weißen Kleid! Spioniert die mir etwa nach?«
Immer wieder begegnet Maureen Liliam, dem Mädchen aus einer anderen Welt. Was Maureen nicht ahnt: Sie besitzt etwas, was für Liliam sehr wertvoll ist – etwas, was Liliam sucht, um ihre eigene Welt wieder heil zu machen.

DER Lesetipp von unserem Thienemann-Vertreter Uwe Branding…

Kleine Leseprobe:

„Sie sehen das Ganze nicht mehr“, erwidert Etiona. „Das Auseinanderbrechen der Scheibe hat ihren Blick getrübt. Sie sind geblendet vom Glanz der hellen Hälfte. Die dunkle, die zur hellen gehört hat wie die Nacht zum Tag oder der Schatten zum Licht, haben sie vergessen. Früher erfüllten Liebe und Mitgefühl die Menschen, Liebe und Mitgefühl für sich selbst und für alle anderen. Alle verstanden sich als Teil eines großen Ganzen und keiner hielt sich für besser als die anderen. Keiner verdammte den anderen wegen dessen Fehlern und Schwächen, denn jeder war sich seiner eigenen bewusst. Keiner verurteilte den anderen für seine Irrtümer, denn jeder erinnerte sich, wie viele Irrtümer er selber begangen hat. Keiner verspottete die Eigenheiten des anderen, denn jeder lächelte über die seinen. Das war der Segen der magischen Scheibe, und so war es gut.“
Ich weiß nicht. Das hört sich schön an – wenn sich keiner über einen anderen lustig macht oder sich für was Besseres hält. Und alle sich mögen, sich selbst und die anderen. Aber dass man sich dafür an seine eigenen Fehler und Schwächen erinnern muss? Ich glaube, an die denke ich eigentlich nicht so gern. Spaß macht das jedenfalls nicht gerade.
Etiona fährt fort: „Nun aber, da die dunkle Hälfte der Scheibe verloren ist, will keiner mehr etwas wissen von seinen eigenen dunklen und schwachen Seiten. Jeder will nur noch das Strahlende und Eindrucksvolle an sich selbst sehen. Aber von dem, worin er sich im Stillen hässlich und unvollkommen oder gar schlecht und böse vorkommt, will er nichts mehr wissen. Er will nichts mehr wissen von all dem, wofür er sich schämt. Keiner sieht es mehr an sich selbst. Er kann es nicht mehr erkennen – und das ist schlimm, denn dafür sieht er nun das Schlechte umso mehr in den anderen, ins Riesenhafte vergrößert. In denen, die nicht so in das glänzende Bild passen. In denen, deren Hässlichkeiten oder Schwächen oder Krankheiten offensichtlich sind. Die werden ausgestoßen, die werden zum Feind. Oder auch die, welche die Königin zu Feinden erklärt, weil sie ihr Widerstand leisten in Erinnerung an die magische Scheibe und die alte Zeit. Und diese Feinde kommen ihm nun böse vor, abscheulich, verachtungswürdig. Es ist wie in einem Spiegel, der alles verzerrt, weißt du. Stell dir so einen Spiegel vor: Du blickst hinein und eine Fratze blickt heraus. Und dann stell dir vor, du merkst
nicht, dass es dein eigenes Angesicht ist, was du da siehst, sondern hältst es für das Angesicht deines Feindes. Den hasst du dann, den verfolgst du dann – und merkst nicht, dass du in Wahrheit dich selbst hasst.“
Wir schweigen. Inzwischen ist fast Nacht. Was Etiona da sagt …
Sich selbst nicht ausstehen können für etwas, was man gemacht hat, das kenne ich. Sehr gut sogar.
Mein Geburtstag fällt mir plötzlich ein. Meine Wünsche am Morgen. Und der Streit am Mittagstisch.
„Und weißt du, was am traurigsten ist?“, fragt Etiona. Aber sie will gar keine Antwort von mir, sondern redet gleich weiter: „Die Menschen wollen seither nicht einmal mehr von dem Rest an Mitgefühl wissen, der ihnen vielleicht noch geblieben ist. Sie schämen sich dafür, denn sie halten es für Schwäche. Und schwach oder verletzlich wollen sie ja nicht sein und schon gar nicht schwach oder verletzlich erscheinen.“
Schwach und verletzlich will ich auch nicht erscheinen.
Ich muss an Heiko denken. Wie gemein ich zu dem war. Na ja, ich war halt wütend.
Aber ehrlich gesagt hat es mir vor allem weh getan, dass er nur zu Vanessa wollte. Doch das sollte er nicht merken. Weil ich ja eigentlich viel lieber cool sein will. Eine, der so was alles nichts ausmacht. Die drüber steht. Aber in Wahrheit ist es eben anders.
Und dann habe ich mich stattdessen mit Mama gestritten …
Ach, Mama! Ich möchte wieder zu dir. Und dann erkläre ich dir das alles und entschuldige mich, und dann ist es wieder gut. Vielleicht magst du dich ja auch nicht leiden, wenn du ausrastest.
„Außerdem“, fährt Etiona schließlich fort, „sorgt Königin Lykostrada mit ihrem verfluchten Gold dafür, dass ihre Anhängerschaft immer größer wird. Und immer blinder. Blutiges Gold ist es, erworben von dem Besitz derer, die sie versklavt, bezahlt mit deren Freiheit oder gar mit deren Leben. Mit beiden Händen streut sie es unter die Menge. Und jeder, der es berührt, will nur noch mehr davon haben und immer mehr, und fragt nicht mehr nach dem Preis, den andere dafür zahlen mussten. Stumpf und gefühllos wird er für deren Leiden und hängt blindlings der Königin an in der Hoffnung auf immer mehr Gold. So werden die Menschen zum Spielball der Königin, zu ihren Puppen, mit denen sie schaltet und waltet nach ihrem Gutdünken. Und um sie bei Laune zu halten, veranstaltet sie Grauen erregende Spiele, die sie immer gefühlloser werden lassen für die Leiden der Ausgestoßenen. Ach, es ist unvorstellbar! Und das Einzige, was diesen Bann des Bösen durchbrechen und die Menschen wieder zur Einsicht und zum Erwachen bringen könnte, was das menschliche Mitgefühl in ihnen wieder wecken würde, ist das Zusammenfügen der dunklen Hälfte der magischen Scheibe mit der hellen – aber die hat Devinata ja unglückseligerweise in deine Welt gezaubert!“

Gabriele Beyerlein
Das Mädchen mit dem Amulett
272 Seiten
€ 13,90
ab 10
Erscheinungstermin: Februar 2006

Seit die Zwillinge Ergil und Twikus den Thron Soodlands bestiegen haben, wird das Reich von Unglück heimgesucht. Unsichtbar schmiedet der »Herr in den eisigen Höhen« seinen Plan, um ganz Mirad in seine Gewalt zu bringen. Dazu fehlt ihm nur noch das Kristallschwert »Schmerz«. Wenn es in seine Hände gerät, wird Mirad in Finsternis versinken. Eine abenteuerliche Jagd beginnt, von deren Ausgang nicht nur das Schicksal der Zwillinge abhängt.

Kleine Leseprobe:

Er hätte sich am liebsten in den Hintern getreten oder sonst etwas getan, um seinem Ärger Luft zu machen. Twikus hatte sich im Palastgarten verlaufen. Jetzt läutete die Alarmglocke schon eine Ewigkeit und er fand weder in sein Quartier noch zur Prinzessin zurück.
»Das gibt’s doch nicht«, zischte er voll ohnmächtiger Wut.
Aufdrängen will ich mich ja nicht, sagte eine Stimme in seinem Kopf.
Nisrah! Dich habe ich ganz vergessen.
Das wundert mich nicht. Die Prinzessin hat dir den Kopf verdreht, stimmt’s? Sie scheint ja ganz hübsch zu sein.
Scheint?, japste Twikus in Gedanken.
Bei der Auswahl unserer Gespinstlinge achten wir Weberknechte nicht so sehr auf Anmut und Grazie. Schönheit mag nichtig sein, aber wache Sinne, Ausdauer und Kraft lassen unseren Lebensknoten höher schlagen.
Endlich hast du alte Netzhaut dich verraten! Ich bin nur dein Packesel. Aber das spielt jetzt auch keine Rolle. Der Alarm – ich habe da so ein ganz mieses Gefühl. Kannst du mir sagen, was näher liegt, die Prinzessin oder mein Krankenzimmer?
Warte …
Nisrah, wir haben keine Zeit für alberne Spielchen!
Ist ja schon gut. Ich habe verstanden. Du ziehst diese dünne Person deinem alten Umhang vor. Nimm den Weg da rechts. Der führt dich zum gläsernen Schwert. Es ist nicht mehr weit.
Danke!
Im Laufschritt folgte Twikus dem Kiesweg. Bald tauchte der Schattenriss eines lang gestreckten Gebäudes vor ihm auf. In der Dunkelheit ähnelten sich die geschwungenen Dächer in dem Park wie ein Ei dem anderen, aber Nisrah war von seinem untrüglichen Orientierungssinn überzeugt.
Er sollte Recht behalten. Wenig später hatte Twikus sein Quartier erreicht. Durch eine Schiebetür, die in den Garten hinausführte, stürzte er in den Raum und eilte zu dem Stuhl, auf dem Zijjajim lag.
»Warum so hastig? Kann ich dir irgendwie helfen, Ergil?«, sagte unvermittelt eine Stimme aus der Dunkelheit.
Er fuhr herum und gewahrte vor dem Rosenholzgitter im Fenster die Silhouette der Elvin. »Kira! Ja. – Du sprichst übrigens mit Twikus. – Was ist da draußen los?«
Sie schwirrte zu ihm und landete auf seiner Schulter. »Das weiß ich nicht. Ich bin zuerst zu dir gekommen, als ich den Alarm hörte.«
»Wo sind Múria und die anderen?«
»Die große Schwester hat die Nacht bei den verletzten Frauen und Kindern der Bartarin verbracht. Popi geht ihr dabei zur Hand. Die Gemächer von Falgon und Dormund liegen in einem anderen Haus. Ich bin ihnen vorausgeflogen.«
»Leider kann ich nicht bleiben, bis sie kommen, Kira. Im Park habe ich die Prinzessin getroffen und versprochen, gleich zu ihr zurückzukehren. Wenn der Grund für den Alarm der ist, den ich befürchte, dann schwebt sie in großer Gefahr.«
»Du meinst …?«
Er nickte. »Hast du etwa geglaubt, Kaguan würde sich mit dem Verlust des Schwertes zufrieden geben? Wenn er jetzt irgendwo da draußen herumstreicht …« Twikus schüttelte den Kopf. »Ich muss Nishi zu Hilfe kommen.«
»Dann werde ich mich aus der Luft nach ihr und dem Zoforoth umsehen.«
Gemeinsam verließen sie das Gemach und machten sich auf die Suche.
Mit Nisrahs Unterstützung gelangte Twikus diesmal auf direktem Weg zurück zu der Stelle, an der er Nishigo zurückgelassen hatte. Aber die Prinzessin war nicht mehr da. Dafür vernahm er aus einem anderen Teil des Parks laute Stimmen.
»Bitte nicht!«, flehte er und lief so schnell er konnte in Richtung des Lärms.
Wenig später tauchte hinter Bäumen und Büschen ein großes Gebäude auf, erhellt von vielen Feuern. Ehe er die Quelle des Stimmengewirrs ganz erreicht hatte, glitt Schekira in Gestalt des Käuzchens aus der Dunkelheit und ließ sich auf seiner Schulter nieder.
»Kaguan ist bei den zwei Brücken vor den Palastmauern. Er hat das Kristallschwert, und die Prinzessin ist in seiner Gewalt.«

Mehr über Ralf Isau und seine »Chroniken von Mirad« erfahrt ihr hier…

Ralf Isau
Die Chroniken von Mirad – Der König im König
544 Seiten
€ 18,–
ab 12
Erscheinungstermin: März 2006

Als Anna erwacht, kann sie sich an nichts erinnern. An rein gar nichts. Sie weiß nicht, wer sie ist. Sie hat die Menschen, die sich ihre Eltern nennen, noch nie zuvor gesehen. Ja sie kennt nicht einmal mehr den Begriff »Eltern«. Bis sie sich die Hände wäscht. Mit kaltem Wasser. Plötzlich schießt eine Erinnerung in ihr hoch. Eine entsetzliche Erinnerung…

Kleine Leseprobe:

„Anna. Du heißt Anna Lindenthal“, sagte Doktor Classen.
„Anna. Das bin ich. Mein Name“, sagte Anna.
Doktor Classen lächelte Anna an. „Sehr schön. Du machst gute Fortschritte, Anna!“
Anna mochte Doktor Classen. Sie kam fast jeden Tag zu ihr, damit sie die Dinge lernte, die sie schon einmal gewusst, aber wieder vergessen hatte.
Anna wusste nicht, wie lange sie in diesem Zimmer lebte. Es war nicht leicht für Doktor Classen gewesen, Anna verständlich zu machen, was Zeit war, denn für Anna war dieses Zimmer das erste Zuhause ihres neuen Lebens, das nun zwei Monate alt war. Sechzigmal war es hell und wieder dunkel geworden. So hatte Doktor Classen es ihr erklärt und Anna hatte es verstanden. Zahlen konnte sie sich besonders gut merken. Erstaunlich gut, hatte Doktor Classen gesagt. Doch was war vor den sechzig Tagen gewesen? Da hatte Anna auch schon gelebt. Nur hatte sie das, was vor diesen sechzig Tagen gewesen war, vergessen. Vergessen! Anna hatte immer noch nicht verstanden, was dieses Wort eigentlich bedeutete.
Manchmal lag Anna nachts in ihrem Bett, sah in die Dunkelheit hinaus, die hier draußen nur durch den Mond erhellt wurde, und versuchte sich vorzustellen, wie es gewesen war, bevor die Sonne sechzigmal auf- und wieder untergegangen war. Sie konnte es nicht, sosehr sie sich auch bemühte. Dabei hatte sie immer noch dieses Gefühl, sich in einer Ecke ihres Bewusstseins verkrochen zu haben. Sie wollte dieses Gefühl nicht. Es machte ihr Angst.
Doktor Classen sah auf ihre Uhr. „Ich muss bald gehen. Aber vorher könnten wir noch etwas spielen. Was hältst du von -“
„Memory!“, rief Anna sofort.
Am Ende ihrer Besuche bei Anna spielte Doktor Classen immer ein Spiel mit ihr. Memory war Annas Lieblingsspiel. Das hätte sie am liebsten jeden Tag gespielt, doch leider ließ Doktor Classen es nicht zu. Anna sollte auch Spiele lernen, die sie nicht so gut konnte.
„Aber vorher gehe ich aufs Klo!“, rief Anna.
Anna war stolz darauf, keine Windeln mehr tragen zu müssen. Darum achtete sie sehr darauf, mindestens einmal zur Toilette zu gehen, wenn Doktor Classen bei ihr war. Die Toilette und das Bad gehörten zu ihrem Zimmer, so wie das Bett, die Kommode, der Schrank und das Regal, auf dem die wenigen Bücher und Spiele, die Doktor Classen mitgebracht hatte, ein wenig verloren wirkten.
Anna war noch im Bad, da hörte sie die Stimme ihrer Mutter. Ihr Gesicht war das Erste, an das sie sich zu Beginn der sechzig Tage ihres neuen Lebens erinnern konnte. Weiß und rund hatte es über ihr geschwebt, wie manchmal der Mond, wenn sie nachts aus ihrem Fenster sah. Es hatte sie so erschreckt, dass sie die Augen gleich wieder geschlossen hatte. Trotzdem musste sie nur an diesen Augenblick denken, um das Bild wieder vor sich zu sehen.
Anna hatte ihre Eltern lieb. Doktor Classen hatte ihr erklärt, was Eltern waren und warum man sie lieb haben musste. Das hatte Anna verstanden. Sie freute sich auch jedes Mal, wenn ihre Eltern sie besuchten. Ihr Vater kam nicht so oft wie ihre Mutter und er redete auch nicht so viel wie sie. Trotzdem hatte Anna ihn sogar noch ein wenig lieber als ihre Mutter – vielleicht auch gerade deshalb.
Anna öffnete den Wasserhahn und hielt ihre Hände in den Wasserstrahl. Ich spürte, wie das kalte Wasser durch meine Kleidung sickerte. Ich hatte Todesangst. Doch ich hatte keine Angst um mein Leben. Ich hatte Angst um ihr Leben. Und ich war wütend. So wütend, dass ich nicht gezögert hätte, ihn umzubringen. Das kalte Wasser lief über ihre Handgelenke. Anna sah es, doch sie konnte sich nicht dagegen wehren. Langsam, aber stetig kroch es ihre Unterarme entlang. Je weiter sie den Mund aufriss, desto schwerer fiel ihr das Atmen. Bis ihre Lungen schließlich überhaupt keine Atemluft mehr zu erreichen schien. Sie würgte und ihre Augen schmerzten, als würden sie aus dem Kopf gepresst. Das Wasser näherte sich unaufhaltsam. Sie wollte schreien, doch das Wasser ließ es nicht zu. Bald würde es sie ganz umschlossen haben. Dann würde es keine Rettung mehr geben.
Annas Beine knickten ein. Sie schlug mit dem Kinn auf den Waschbeckenrand. Ihre Hände glitten aus dem Strahl. Das Wasser zog sich zurück.
Ihr ganzer Körper zitterte. Ihr Herz raste. Sie starrte auf ihre Arme, auf denen nun nur noch einige wenige Wassertropfen zu sehen waren. Sie konnte es nicht glauben! Warum war sie nur so dumm gewesen? Sie hatte für einen Augenblick vergessen, dass sie sich nur mit warmem Wasser waschen durfte!
Angst war ein Gefühl, das Anna mittlerweile sehr vertraut war. Doch nichts versetzte sie mehr in Angst, in Todesangst, als die Bilder, die sie sah, und das Gefühl, das sie durchleben musste, wenn sie mit kaltem Wasser in Berührung kam. Sie fühlte nicht nur Angst. Sie war auch wütend.
Anna wusste nicht, was die Bilder bedeuteten und warum sie eine solche in ihr Angst auslösten. Aber sie spürte, dass es Bilder aus ihrem früheren Leben sein mussten.

Joachim Friedrich
Kaltes Wasser
320 Seiten
€ 14,90
ab 13
Erscheinungstermin: bereits erscheinen und schon auf unserem Lesestapel :-)

Jojos Leben ist ein einziges Chaos: Nicht nur, dass beim Schüleraustausch statt einem Mädchen ein Junge bei ihr gelandet ist. Damit würde sie ja noch klarkommen. Schließlich ist Nicola total nett, charmant und kann super kochen. Doch dann verliebt sich Jojos beste Freundin Lucilla in Nicola. Auch das wäre nicht weiter schlimm. Wenn Nicola nicht ebenfalls unsterblich verliebt wäre. Und zwar ausgerechnet in Lucillas Austauschschülerin…

Hortense Ullrich
Andere Länder, andere Küsse
160 Seiten
€ 9,90
ab 12
Erscheinungstermin: bereits erscheinen

Kisten schleppen statt Strandurlaub! Eigentlich hatte sich Henri ihre Sommerferien anders vorgestellt. Wie gern wäre sie jetzt bei Tom in Amerika. Stattdessen muss sie ihren Eltern beim Umzug helfen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, läuft ihr auch noch der gut aussehende Typ von nebenan über den Weg.
Ausgerechnet in dem Moment, als ihr ein Umzugskarton aufplatzt und eine ganze Batterie Barbiepuppen auf den Boden purzelt. »Na, Barbie«, sagt der Typ und grinst sie unver
schämt an…

Irene Zimmermann
Liebe, Stress, Gitarrenständchen
176 Seiten
€ 9,90
ab 12
Erscheinungstermin: bereits erscheinen

Natascha will nie so werden wie ihre Schwestern. So verliebt. So verklärt. So gefühlsduselig. Warum auch? Mit ihrem besten Freund Tom kann sie über alles quatschen und unendlich Spaß haben und stundenlang angeln. Dazu braucht man doch keine Liebe, die alles nur kompliziert macht! Obwohl Tom in letzter Zeit irgendwie komisch ist. Ob das an Caroline liegt, die ihn ja sooo nett findet?
Das ist doch unerhört, die kann Natascha doch nicht ihren Tom wegschnappen! Und überhaupt, warum löst Tom auf einmal so ein seltsames Kribbeln bei ihr aus?

Brinx/Kömmerling
Küssen nicht vergessen
176 Seiten
€ 9,90
ab 12
Erscheinungstermin: März 2006

Leonie ist noch ungeküsst. Und das muss sich schleunigst ändern, sonst verliert sie die Wette gegen ihre beste Freundin Thea. Aber wer sollte Leonie schon küssen – auf einer Mädchenschule?! Klar, hinter der Mauer auf dem Pausenhof der benachbarten Jungenschule tummeln sich jede Menge toller Jungs. Aber wie kommt sie an die bloß ran?

Bianka Minte-König
Liebe… ganz schön peinlich
224 Seiten
€ 9,90
ab 12
Erscheinungstermin: März 2006

Klara hat keinen blassen Schimmer, was sie machen soll, auch wenn sie jetzt die mittlere Reife in der Tasche hat. Mit ihrem Freund Marco hat es keinen Sinn mehr und ihre Mutter nervt mit der immergleichen Frage: »Weißt du denn endlich, was du machen willst?«
Klaras Antwort: Erst einmal ein Jahr Berlin, alles Weitere wird sich finden. Schon im Zug sieht es ganz so aus, als habe sie die richtige Entscheidung getroffen. Mit dem Jungen in ihrem Abteil versteht sie sich auf Anhieb gut, ziemlich gut sogar…

Barbara Bollwahn
Mond über Berlin
256 Seiten
€ 12,–
ab 13
Erscheinungstermin: bereits erscheinen

Bei Rosa geht alles drunter und drüber. Erst bekommt sie diesen Brief von ihrem Vater. Nach sechzehn Jahren! Dann verliebt sie sich auch noch in Karl, ihren besten Freund. Ganz plötzlich, wie aus heiterem Himmel! Und das ausgerechnet jetzt, wo sie zusammen auf dieser Kanutour sind. Mitten in der Wildnis. Romantischer geht’s eigentlich nicht. Eigentlich.
Denn es wird einfach nicht romantisch, so sehr sie sich auch ins Zeug legt. Wie auch, wenn man sich seit Kindergartenzeiten kennt! Oder gibt es da noch einen anderen Grund?

Sabine Both
Rosa Wolken
208 Seiten
€ 12,–
ab 13
Erscheinungstermin: bereits erscheinen

Lust auf mehr neue Bücher? Hier findet ihr ausgewählte Neuerscheinungen aus dem Hanser Verlag.

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Weitere Leseproben findet ihr auf der Thienemann-Homepage…