Schwarze Spuren, finstere Gestalten, üble Gerüche, düstere Gassen!Mog Winter ist nach seiner Flucht aus dem Waisenhaus bei einem Drucker als Gehilfe untergekommen, der ihn zusammen mit Mogs Hund Klimper in einem Verschlag über der Druckerei wohnen lässt. Sträflinge, Mörder und die fragwürdigen Gestalten der Londoner Unterwelt gehören zu seinem täglichen Leben, schließlich druckt er ihre Steckbriefe. Durch die tatsächliche Begegnung mit einem aus dem Gefängnis ausgebrochenen Verbrecher wird Mog in die Verwicklungen um einen großen Raub einbezogen, in eine Kette von Verwechslungen und in die Jagd nach einem Mörder.
Ein wirklich packender Roman in bester Tradition schauriger Romane, die die finsteren Gassen und die miesen Schurken des früheren Londons aufleben lassen.
Kleine Leseprobe:
Einen so hässlichen Mann mit einem so bösen Blick hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Er starrte mich vom Plakat an, die Konturen glänzten von der noch feuchten Druckerschwärze, und das ließ ihn noch lebendiger und bedrohlicher erscheinen. Ich hielt das Blatt auf Armlänge von mir entfernt, damit es nicht zerknitterte.
COCKBURN
Ich las seinen Namen und bewegte stumm die Lippen, während ich die großen schwarzen Buchstaben überprüfte. Waren sie gerade genug? Der obere Teil vom R kam nicht deutlich
genug heraus …
Trotzdem war die Wirkung enorm, und obwohl ich mich vor dem Unhold mit dem bösen Blick etwas fürchtete, weil er so aussah, als wollte er gleich vom Plakat heruntersteigen und mich erwürgen, war ich auf mein Werk ziemlich stolz. Denn wenn das Plakat den Leuten Angst einjagte, gaben sie sich sicherlich viel mehr Mühe, um bei der Festnahme des Ausbrechers mitzuhelfen.
AUSGEBROCHEN
am 14. Mai
aus dem neuen
GEFÄNGNIS IN CLERKENWELL
WARNUNG an alle Bürger:
Dieser Mann ist SEHR GEFÄHRLICH!
Mir fiel auf, dass das Ausrufezeichen etwas schief geraten war. Ich musste die Letter vor dem Weiterdrucken noch mal gerade rücken.
Ein Druckerlehrling muss hart arbeiten. Ich erledigte Botengänge und machte alle langweiligen und schmutzigen Arbeiten, und Mr Cramplock bezahlte mir dafür nur zwei Schillinge die Woche: Das war nicht viel.
Aber unsere Druckerei war immer die erste, zu der die Menschen kamen, wenn sie irgendetwas bekannt geben wollten. Deshalb wussten Mr Cramplock und ich immer alles lange vor allen anderen Leuten. Wir druckten ständig Plakate, Handzettel und Programme und berichteten den Lesern, was auf der Welt so alles geschah. Wenn es irgendeine Konferenz gab oder ein
Theaterstück aufgeführt wurde oder eine Versteigerung stattfand oder irgendein besonderer Gegenstand ausgestellt werden sollte oder etwas gestohlen gemeldet oder Häftlinge
ausgebrochen waren oder Leute aufgehängt werden sollten oder Ertrunkene aufgefunden worden waren oder Verwandte vermisst wurden – dann wussten wir meistens darüber Bescheid.
Wenn ich durch die Straßen von London lief und überall meine eigenen Plakate mit den riesigen schwarzen Lettern an den Mauern und Zäunen sah, kam ich mir insgeheim sehr wichtig vor. Sie machten die Leute glücklich und neugierig und ängstlich, sie brachten die Leute zum Reden.
Mir kam es so vor, als ob die Dinge nur passierten, weil ich das druckte.
Die meisten Leute nannten mich Druckerteufel. Meine Haare waren kurz und schwarz und mein Gesicht meistens schmutzig von der vielen Druckerschwärze, die überall in der Druckerei herumspritzte. Unter der Druckerfarbe war meine Haut braun von der Sommersonne. Damals war ich klapperdürr und arbeitete meistens in langen Hosen, die mir um die Hüften schlabberten, deshalb musste ich sie ständig hochziehen, vor allem wenn ich rannte.
»Hier kommt der Druckerteufel«, sagten dann die Leute. Zuerst fand ich das nicht besonders nett, aber da es offensichtlich nicht boshaft gemeint war, gewöhnte ich mich bald daran.
»Rück das Ausrufezeichen gerade, Mog.« Mr Cramplock war neben mir aufgetaucht und betrachtete das Plakat.
»Sieht der nicht gefährlich aus, Mr Cramplock?«, sagte ich mit ziemlicher Bewunderung, während ich das große Plakat wieder hochhob.
»Mörderisch, Mog, hmmmm. Mör-de-risch!«
Paul Bajoria
Schwarze Spuren
Beltz Verlag // € 14,90
Ab 12
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